Den Lehr-Lern-Prozess methodisch
begleiten
(Methodische Planung)
Studienseminar Koblenz
Pflichtmodul 15
Unterrichts– und Sozialformen
Begriffe
• Unterrichtsformen sind historisch gewachsene
Großformen, mit denen der Lehr-Lern-Prozess
gestaltet wird.
• Unterrichtsmethoden sind Kleinformen, mit
denen der Lehr-Lern-Prozess gestaltet wird.
• Sozialformen regeln die Beziehungs- und
Kommunikationsstruktur des Unterrichts, die
sich äußerlich in der Sitzordnung und der
Gesprächsstruktur äußert.
Begriffe
• Der Methodenbegriff wird in der Literatur
sehr uneinheitlich benutzt.
• Es gibt Lehrermethoden,
Schülermethoden und Fachmethoden.
• Schülermethoden sind Lernmethoden des
Schülers.
• Fachmethoden sind Methoden des
Faches, die u.a. Unterricht konstituieren.
Gespräch
Lehrgang Projekt
Praktikum
Unterrichts-
formen
Gespräch
Lehrgang Projekt
Praktikum
Unterrichtsformen
(Unterrichtsmethoden)
Fragend-entwickelndes
Lehrervortrag
Gelenktes U-Gespräch
Diskussion
Schülergespräch
Freies U-Gespräch
Sozialformen
Frontal-
unterricht
–
Einzel-
arbeit
–
Gruppen-
arbeit
–
Partner-
arbeit
–
Was ist Frontalunterricht ?
• Frontalunterricht/ Klassenunterricht ist nach
(unserer Definition) eine Sozialform und keine
Unterrichtsform (auch wenn er oft als solche
bezeichnet wird).
• Frontalunterricht geht eng mit der
Unterrichtsform/ Methode des Gesprächs einher.
• Frontalunterricht ist nicht gleich dem fragend-
entwickelnden Unterrichtsgespräch.
• Im Frontalunterricht hat der Lehrer das
Steuerungsmonopol, das er meistens über
Gesprächsformen ausübt.
Steckbrief des
Frontalunterrichts
• Steuerungs-, Kontroll- und Bewertungsaufgaben
liegen beim Lehrer
• Kommunikation zwischen dem Lehrer und den
Schülern steht im Vordergrund der Aufmerksamkeit
• Schüler schauen sitzend nach vorn zum Lehrer an die
Tafel bzw. in das Heft, Buch oder Arbeitsblatt
• Frontalunterricht ist überwiegend thematisch orientiert.
Die kognitive Strukturierung des Unterrichtsablaufs
dominiert
• Frontalunterricht ist vorwiegend sprachlich
ausgestaltet
Typischer Verlauf einer
Frontalunterrichtsstunde
- Stundeneröffnung (Begrüßung,
Organisatorisches) - Unterrichtseinstieg (oft in Form einer
Wiederholung oder Hausaufgabenkontrolle) - Darbietung des neuen Stoffes
- Arbeit am neuen Stoff
- Ergebnissicherung (Tafeltext, Arbeitsblatt,
wiederholende Übung, Zusammenfassung
durch Lehrer oder Schüler) - Hausaufgabe
Drei klare Aussagen
• Frontalunterricht ist unverzichtbar und hat einen
berechtigten Stellenwert im Kontext mit anderen
Sozialformen.
• Frontalunterricht ist per se weder gut noch
schlecht. Einsatz und Umfang ist immer eine
Frage der Angemessenheit, Stimmigkeit und
Qualität.
•
„So wenig Frontalunterricht wie möglich – aber
wenn schon, dann bitte ohne schlechtes
Gewissen und mit didaktisch-methodischer
Phantasie!” (H. Meyer)
Forschungsresultate
• Vorzüge einzelner Sozialformen gegenüber
anderen können zur Zeit empirisch nicht
nachgewiesen werden
• Hilbert Meyer: „Für den Lernerfolg und die
subjektive Zufriedenheit von Lehrern und
Schülern im Unterricht ist die Frage der
geeigneten Unterrichtsmethoden wesentlicher
als die Auswahl der Sozialformen.“
Forschungsresultate
• Es gibt guten und schlechten Frontalunterricht
und genauso gibt es guten und schlechten
Gruppenunterricht.
• Es gibt eine beachtliche Zahl von Schülern, die
aufgrund ihrer Dispositionen im
Gruppenunterricht gewinnbringender lernen und
ihn schätzen.
• Sie haben ein Recht auf Gruppenunterricht und
der Lehrer hat die Pflicht, ihn phasenweise und
in angemessenem Umfang professionell zu
gestalten.
Kritik des Frontalunterrichts
- Der FU unterliegt einem grundsätzlichen Denkfehler:
Das Lehren des Lehrers wird mit dem Lernen der
Schüler gleichgesetzt. - FU vernachlässigt die sozialen Ziele der Schule und
des Unterrichts. - FU verstärkt die Bindung an die Autorität der Lehrkraft
und ist antidemokratisch. - FU wird der Unterschiedlichkeit der Schüler, ihrer
Individualität nicht gerecht und lehrt im Gleichschritt. - Im FU werden die Schüler zum rezeptiven Lernen
erzogen.
Kritik des Frontalunterrichts
- FU war und ist die billigste Form des Unterrichts
(Argument der billigen Ökonomie). - FU befriedigt in erster Linie das Sicherheits- und
Kontrollbedürfnis der Lehrer. - FU dient in erster Linie der Lehrerselbstdarstellung.
- FU verhilft der „Stoffdruckideologie“, Unterricht braucht
Phasen der Schülerselbsttätigkeit. - FU sichert lediglich eine sehr formale und äußere
Unterrichtsdisziplin.
Vorteile des Frontalunterrichts
- FU ist tatsächlich eine sehr effektive Unterrichtsform.
- FU ermöglicht eine lebendige Interaktion mit der
Person des Lehrers (Begeisterung).
- Im FU sind unmittelbare und direkte Rückkopplungen
möglich. - FU ist eine Entlastung für Schüler.
- Im FU kann langfristig eine Gesprächskultur aufgebaut
werden.
Vorteile des Frontalunterrichts
- Im FU ist eine riesige Palette von unterschiedlichen
Lehrtechniken möglich: Demonstrieren,
Veranschaulichen, Zerlegen, Impulse geben, … - FU kann die Potenziale der ganzen Klasse zur Lösung
eines Problems nutzen. - FU kann gut die Leistungsstände der Schüler
überprüfen. - FU nutzt die Sachkompetenz und Professionalität des
Lehrers optimal. - FU bringt Linie in den Unterricht und in das Lernen.
Vorteile des Frontalunterrichts
Frontalunterricht ist gut geeignet um,
• sachliche Zusammenhänge, Fragestellungen
und Probleme aus der Sicht des Lehrers
darzustellen,
• allgemeine Orientierungsgrundlagen
herzustellen,
• ein neues Wissensgebiet darzustellen,
• Arbeitsergebnisse zu sichern,
• Leistungsstände der Schüler zu überprüfen.
Nachteile des Frontalunterrichts
• Frontalunterricht erzieht fast
zwangsläufig zur Passivität und
Anpassung, zum Ruhe-, Ordnung- und
Disziplinwahren.
• Frontalunterricht ist seiner Struktur nach
konservativ – auch dort, wo die vom
Lehrer vermittelten Inhalte und
Einstellungen fortschrittlich oder gar
revolutionär sein sollten.
Kooperatives Lernen
Gruppenunterricht
Gruppenarbeit
Sozialformen
Frontal-
unterricht
–
Einzel-
arbeit
–
Gruppen-
arbeit
–
Partner-
arbeit
–
Gruppenunterricht
Kooperatives Lernen
ist ein didaktisches Konzept und eine
Unterrichtsform, bei der der Unterricht
intensiv und über längere Zeiträume
hinweg ausschließlich in der Sozialform
Gruppenarbeit durchgeführt wird.
Gruppenunterricht –
Kooperatives Lernen
• hat sich über einen langen Zeitraum aus
verschiedenen reformpädagogischen
Strömungen heraus entwickelt.
• In Deutschland wird es unter dem Begriff
Gruppenunterricht heute insbesondere auf
MEYER (z. B. [1]) und
• in der internationalen Diskussion als cooperative
learning seit den siebziger Jahren vorwiegend
auf JOHNSON et al. (z. B. [21]) zurückgeführt.
Gruppenunterricht
Kooperatives Lernen
• nutzt Möglichkeiten, die Gruppenidentität
zu fördern,
• gewährt dazu den Gruppen Eigen-
verantwortlichkeit,
• achtet auf eine positive gegenseitige
Abhängigkeit der Gruppenmitglieder.
Gruppenarbeit
implementieren – planen – durchführen-
auswerten
Handlungsoptionen
Standardsituationen zur
Gruppenarbeit
- Gruppenarbeit implementieren
- Gruppenarbeit vorbereiten
- Gruppenarbeit einleiten und durchführen
- Gruppenarbeit auswerten
- Gruppenarbeit implementieren
• Methoden schrittweise einüben (z.B.
Gesprächsregeln, Auswerten von Materialien,
Protokollieren, verschiedene Verfahren zur
Präsentation von Ergebnissen, …)
• detailliert planen, Abläufe ritualisieren (z.B.
Gruppen bilden, Tische gruppieren, Rollen
zuweisen, aufräumen,…)
• anfangs nur GA von 15 Min. Dauer mit
anschließender Metareflexion
- Gruppenarbeit implementieren
• Hilfe zur Selbsthilfe geben = Die Schülerinnen
lernen
– Materialien zu beschaffen / Kontakte herzustellen
– Materialien aufzubereiten und zu archivieren
– Strategien, sich ein Thema durch Fragen zu
erschließen
– Strategien, sinnvoll zu strukturieren
– Ergebnisse zu dokumentieren und vorzustellen
• Die notwendigen methodischen und sozialen
Kompetenzen sollten in enger Verzahnung mit
den Inhalten erworben werden.
- Gruppenarbeit vorbereiten
• Überlegungen zu Thema und Zielsetzung
• Welche Form der Gruppenarbeit
(arbeitsgleich – arbeitsteilig – Expertenkongress, …)
• Von welchen Voraussetzungen bei der Lerngruppe kann
ich ausgehen?
(Kenntnisse im Fach – Methodenkompetenz – Regeln –
Gesprächsführung – Präsentationsfertigkeiten, …)
• Welche Vorbereitungen sind notwendig ?
(Gruppenbildung – Arbeitsaufträge – Material – Hilfsmittel
zur Präsentation)
• In welcher Form soll die Präsentation erfolgen ?
(Folie – mündlicher Vortrag – Plakat – Spiel, …)
- Gruppenarbeit einleiten und
durchführen
• Fragestellung / Problem in den Horizont der
Schüler rücken
• Aufmerksamkeit der Schüler richten
• Thema / Kernfrage formulieren
• Aufgabenstellung präzise formulieren, u.a. das
erwartete Endprodukt benennen
• Organisatorisches klären
– Zuordnung der Schüler zu Gruppen
– evtl. Zuweisung von Rollen an Gruppenmitglieder
(Gesprächsleiter – Protokollant- …)
– räumliche Organisation – Gruppentische
– realistische Zeitvorgabe
– erforderliche Hilfsmittel bereitstellen
- Gruppenarbeit einleiten und
durchführen
Rolle der Lehrperson als Berater und Beobachter
• fungiert als kompetente Fachperson
(„Wenn Ihr Fragen habt, könnt Ihr Euch gerne an mich
wenden. Ich sitze hier vorne am Pult.“)
• mischt sich in die Arbeit der Gruppen möglichst nicht ein,
• beobachtet die Interaktionen der Schüler und notiert sich
evt. geeignete Interventionen…
• gliedert ev. den verfügbare Zeitraum durch akustische
Signale
• verschafft sich einen Überblick über die Verwertbarkeit
der Gruppenergebnisse/ – produkte und plant das
Vorgehen in der nächsten Arbeitsphase
- Gruppenarbeit auswerten
Der Lehrer
• beendet klar die Phase der Gruppenarbeit (evtl.
Hinweise zur Sitzordnung)
• erläutert und begründet die Vorgehensweise bei
der Präsentation (alle präsentieren, nur einige/ eine Gruppe…)
und bei der Auswertung (im Anschluss an eine Präsentation,
erst nach allen Präsentationen ….)
• achtet darauf, dass nur die Schüler einer
Gruppe nach vorne kommen, die eine Aufgabe
bei der Präsentation übernehmen
• stellt möglichst Beobachtungsaufträge für die
nicht präsentierenden Schülern
- Gruppenarbeit auswerten
- Ebene: Präsentation
Die Teilnehmer der Gruppe
• tragen Ergebnisse sinnvoll strukturiert vor
• veranschaulichen und unterstützen Aussagen (möglichst) durch optische
Medien
Der Lehrer
• unterbricht nicht, korrigiert nur in Ausnahmefällen,
• macht sich Notizen, evtl. an der Tafel, ebenso wie die SchülerInnen,
• markiert offene Fragen, gibt sie aber noch nicht zur Diskussion frei.
• würdigt abschließend die Schülerleistung.
Die andern SchülerInnen
• nehmen anschließend Ergänzungen, Korrekturen vor
• nennen abweichende Ergebnisse,
• stellen Fragen
- Gruppenarbeit auswerten
- Ebene: Zusammenfassen und Deuten der
Ergebnisse
Die Lehrkraft leitet die SchülerInnen an
• die Befunde zusammenzufassen und zu gewichten,
• zu strukturieren, z.B. Kategorien bilden …
• den Bezug zur Problemstellung herzustellen
• die unterschiedlichen Positionen herauszuarbeiten und ins Blickfeld aller zu
rücken
Die Lehrkraft nutzt dazu
• Hinweise auf offene Fragen
• geeignete Impulse
• Verweise auf Möglichkeiten zu strukturieren (Gegensätze, Ähnlichkeiten,
Widersprüche)
• Vorschläge
• Verweise auf das Thema/ die Problemstellung - Gruppenarbeit auswerten
- Ebene: Problemdiskussion
Voraussetzungen:
• das Problem ist präzisiert und im Horizont aller
• es sind unterschiedliche Positionen deutlich geworden
Vorgehensweise:
• Die Schüler nehmen Stellung und begründen ihre
Position anhand der Vorergebnisse
• Die Schüler lassen sich auf eine Kontroverse ein
• Der Lehrer hat im Idealfall eine symmetrische Rolle
• Der Lehrer sollte Rückmeldungen geben
Arbeitsteilige Partnerarbeit
Gruppen A
• Nennen Sie drei
Vorteile der
Gruppenarbeit
Gruppen B
• Nennen Sie drei
Nachteile der
Gruppenarbeit
Vorteile der Gruppenarbeit
- Chance, von den andern Gruppenmitgliedern zu
lernen - Chance, eigene Stärken einzubringen – Förderung der
Selbstkompetenz - Arbeitsteilung und Einüben in Formen der Kooperation
(Forderung nach Zusammenarbeit in unserer
Gesellschaft – Sozialkompetenz, Synergie) - Größere Vielfalt an Wissenskonstruktionen und
anspruchsvollere Problemlösungen - Schnelleres Erkennen von individuellen Unklarheiten
und Missverständnissen - Möglichkeit individuell differenzierter Lernprozesse
- Höhere Schüleraktivität und Kommunikation
- Selbsttätigkeit der Schüler
Nachteile der Gruppenarbeit
- Dominanz einzelner Gruppenmitglieder
- Konzentration auf das Produkt statt auf
Wissenskonstruktionen - Zu großes Augenmerk auf Gruppenprozesse
- Belastung der Leistungsfähigen/Rollenstereotypen
- Geringerer Lernerfolg für Leistungsschwächere
- Demotivation bei ausbleibendem Erfolg
- Probleme für Leistungsschwächere, da sie ihre Mängel
deutlicher erkennen - Unfaires Verhalten gegenüber Gruppenmitgliedern
- Keine Korrektur von Fehlern und Missverständnissen
Für den Lehrer
• arbeitsintensiv (Vorbereitung, Organisation)
• Schwierigkeit bei der Auswertung und Benotung
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